Warum Giovan Battista Carpi zu den besten 20 Disney-Künstlern gehört
Ungefähr ab 1956 gewinnt Carpis Stil zunehmend an Eigenständigkeit und löst sich allmählich von seinen amerikanischen Vorbildern, ohne diese jedoch zu verleugnen. Ein markanter Unterschied zur vorherigen Phase liegt dabei vor allem in der Körperhaltung der Ducks, die nun deutlich aufrechter durch die Panels watscheln. Da Carpi sie zudem mit größeren Köpfen und charaktervolleren Gesichtszügen versieht, erscheinen sie jetzt alles in allem menschlicher und individueller als zuvor. Hierfür sorgt nicht zuletzt auch das stetig größer werdende Spektrum an mimischen und gestischen Nuancen, das allerdings im Vergleich zu späteren Jahren immer noch eingeschränkt ist. So ist bei aller Vielfalt zu beobachten, dass Carpis Zeichnungen in dieser Periode überproportional häufig bestimmte negative Seiten des Charakters der Figuren betonen und dadurch eine aggressive Grundstimmung erzeugen, die später zum Stilmerkmal seines ehemaligen Tuschers Chierchini wird. In diesem Punkt kommt natürlich der Einfluss Guido Martinas zum Tragen, in dessen Storys es bekanntlich generell relativ ruppig zugeht. Dennoch bringt Carpis Zusammenarbeit mit dem Piemontesen bereits in ihrer Anfangszeit einige Comicperlen hervor, wobei neben „Die Insel der betrübten Affen“ insbesondere die Maus-Geschichten „Micky und der Aztekenschatz“ sowie „Die Nymphe von Silberbrunn“ zu nennen sind. Ihren Kulminationspunkt erreicht diese Stilphase 1960 mit der Literaturparodie „Donald, Prinz von Duckenmark“, in der Carpi erstmals verstärkt mit Splashpanels arbeitet.
Es sei noch erwähnt, dass sich der Genuese schon zu dieser Zeit nicht auf den Disney-Bereich beschränkt, sondern ab Mitte der 1950er Jahre regelmäßig an diversen Comicserien des Bianconi-Verlags mitwirkt, die zunächst in den „Trottolino“-Heften erscheinen. Dabei kooperiert er abermals mit Chierchini, mit dem er 1955 die Figur der Nonna Abelarda entwickelt, einer höchst vitalen und mit übermenschlichen Kräften ausgestatteten Großmutter. Auf Chierchini geht zudem die Idee für das gute Teufelchen Geppo zurück, welches Carpi in einer Vielzahl von Geschichten verwendet, die anfangs in der Bianconi-Reihe „Volpetto“ zum Abdruck kommen.
Zuletzt aktualisiert: 29.06.2013, 20:36