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Rezension: LTB 555 - Abflug auf Ski

Cover

Pünktlich zum Start der Olympischen Winterspiele schnallt sich auch Donald Duck die Bretter unter die Plattfüße und wagt den Absprung von der Großschanze, um einen "Abflug auf Ski" hinzulegen. In der dazugehörigen Egmont'schen Titelstory von Snejbjerg und Andersen tauschen Donald und Gustav die Rollen, damit Gustav Gans zur Schonung seiner Gesundheit eine Pause von seinem ewigen Glück nehmen kann. In Donald erweckt der Übermut, um mit waghalsigen Aktionen für Klicks und Follower zu sorgen. Klar, dass er da dem Schnabel nach hinstürzt.

Dabei muss der gute Donald alle seine Sinne beisammenhaben, um bei Marco Gervasio erneut gegen den fiesen Marc Enclauh vorzugehen. Dieser hat einen Film über Phantomias gedreht und lässt den maskierten Rächer dabei gar nicht gut aussehen. Als die Entenhausener Polizei auch noch hinter Phantomias' wahre Identität kommen will und kurzerhand Erfindergenie Daniel Düsentrieb in Gewahrsam nimmt, sitzt Donald gehörig in der Zwickmühle.

Später sorgt ein "Persönlichkeitsumwandler" in einer von Vito Stabile erdachten und vom Mailänder Maestro Marco Rota in Szene gesetzten Geschichte dafür, dass Onkel Dagobert vom geizigen Knicker zum elendigen Geldverschwender wird. Zwar gelingt es Dagoberts Familie, ihn aus dieser Phase zu befreien, doch dafür verliert Onkel Dagobert die Erinnerungen an seine eigene Vergangenheit. Es entbrennt ein Wettlauf zu einer verloren geglaubten Tempelstadt mit einem magischen See, dessen Anblick das Gedächtnis des reichsten Mannes der Welt reaktivieren soll.

Gundel Gaukeley bekommt überraschenderweise Besuch von ihrer Freundin Mona Menetekel (fälschlicherweise mit ihrem italienischen Originalnamen "Roberta" übersetzt) und wagt mit ihr gemeinsam einen neuen Angriff auf Onkel Dagobert mithilfe eines Alles-kaputtmach-Zaubertranks. Derweil macht Micky Maus eine Begegnung während einer Zugfahrt und wittert sogleich ein kriminelles Komplott. Allerdings hat er Minni hoch und heilig versprochen, seine runde Detektiv-Nase aus allen potenziellen Geheimnissen herauszuhalten. Das zerrt bedenklich an Mickys Nervenkostüm.

Ob das neue LTB 555 ebenfalls eine unangenehme Zerrung hervorruft oder der Sprung aufs Podium gelingt, gilt es nun in der folgenden Rezension herauszufinden!

Von Entenfan


Der Inhalt:
Titel Autor (A), Zeichner (Z) EV-Jahr Seiten Rezension
Abflug auf Ski A: Peter Snejbjerg; Z: Flemming Andersen 2022 30 Unerschrocken unterkühlter Unsinn
Mobile Geschäfte A: Alessandro Sisti; Z: Vitale Mangiatordi 2020 22 Dagobert als fahrender Kredithai
Der mysteriöse Mitreisende A: Marco Nucci; Z: Giampaolo Soldati 2021 28 Hitchcock-Persiflage
Mega-Medienrummel A: Marco Gervasio; Z: Davide Cesarello 2021 56 Superhelden-Showdown im Gervasioversum
Die Obsol-Essenz A + Z: Marco Meloni 2020 24 Schwerfälliges Hexen-Duo mit Übersetzungs-Fauxpas
Der Persönlichkeitsumwandler A: Vito Stabile; Z: Marco Rota 2020 42 Dagoberts Reise zum wahren Ich
Ferienfreuden: Wechselhaft A + Z: Nicola Tosolini 2021 1 Regen mit Aussichten auf Schauer
Der Wahrheitsträumer A + Z: Blasco Pisapia 2020 30 Goofys fabelhafte Träume
Eiskalter Kassenschlager A: Vito Stabile; Z: Diego Bernardo 2022 16 Unkomplizierter Konkurrenz-Kampf
Eins auf die Ohren A: Gorm Transgaard; Z: Andrea Ferraris 2022 1 Schottische Folklore


Cover

Was verspricht die Aufmachung des Bandes?

Sportbegeistert war unser Lieblingserpel Donald Duck ja schon immer. Klar, dass er sich auch anlässlich der Ol… äh.. ich meine Wintersportspiele 2022 ins Getümmel und von der Skischanze stürzt, um die Pekingenten alt aussehen zu lassen. Naja, immerhin liegt auch abseits der Pisten Schnee und man hat sogar erlaubt, die Verwandtschaft unmittelbar an die Sportstätte zu lassen. Persönlich gesehen kein LTB-Cover, das große Sprünge macht und das nicht nur mich sofort an das winterliche LTB 503 erinnern lässt.







Warum macht Gustav Gans' Glück in der Titelgeschichte einen Abflug?

An einem trüben Wintertag begegnen der wintersportbegeisterte Donald und Tick, Trick und Track dem müde dreinschauenden Gustav Gans. Dieser hat sich scheinbar eine ordentliche Erkältung eingezogen und schnupft von einer "Rüsselpest" herum. Donalds Vorschlag, nicht lieber doch einen Arzt aufzusuchen, weist Gustav entschieden zurück und begibt sich lieber in die Hände eines gelinde gesagt gewöhnungsbedürftigen Gurus. Dieser diagnostiziert ohne großartige Fachkenntnisse eine Allergie gegen Glück. Da Gustav als Schoßkind des Glücks quasi rund um die Uhr mit Fortuna im Bunde ist, soll das Schillerlöckchen sein Glück ablegen und auf eine andere Person "transferieren". Dafür scheint Pechvogel Donald Duck geradezu ideal! So werden die beiden Vettern an eine brizzelnde Maschine angeschlossen und tauschen die Rollen. Während Gustav von einem undichten Dach und Geldsorgen geplagt wird, zieht es Donald hinaus auf die Piste, um bei seinen Followern im Netz als begnadeter Sportler "mit dem gewissen Etwas" auszusehen. Dass der Effekt aber bald wieder umgekehrt werden muss, lässt Donald ebenso kalt wie der gefährliche Sprung über eine halsbrecherische Klippe...



Eine typisch Egmont'sche "Vertauschte-Rollen"-Geschichte, die allerdings im winterlichen Ambiente spielt und damit genug Impulse für Donald setzt, Gustavs Glück voll und ganz auszukosten. Der Autor Peter Snejbjerg schafft es, Gustav nicht unbedingt unsympathisch darzustellen: Obwohl von den Alltagssorgen eines Normalsterblichen geplagt, nimmt Gustav sein Schicksal selbst in die Hand und heuert flugs bei der Margarine-Fabrik an. Dort ist Donald erst vor wenigen Stunden rausgeflogen, doch schon zieht es ihn mit Skiern unter den Plattfüßen wieder in die Lüfte. De Empfehlungen der besserwisserischen Neffen, er solle doch stattdessen im Lotto gewinnen, schlägt er schnaubend aus. Vom Ehrgeiz zerfressen ist es Donald viel wichtiger, mit seinen waghalsigen Aktionen viele Klicks im Netz zu generieren. Da diese Motivation nicht gut genug erklärt wird, schüttelt man als Leser verständnislos den Kopf über Donalds sture Torheiten. Der durchgeknallte Guru kommt einerseits etwas zu kurz und andererseits zu gut am Ende weg. Ich hätte mir eine andere Auflösung gewünscht, nämlich einen selbstbewussten Gustav, der lieber den Fakten glauben schenkt als einem Scharlatan. Wäre gerade in der heutigen Zeit ein wichtiges Statement gewesen. Am Zeichenbrett durfte sich Flemming Andersen mit Donalds impulsiven Mimiken richtig austoben, dafür wirken die Neffen ziemlich gedrungen und die Hintergründe eckig, kantig und karg.

Abstruser und alberner Auftakt mit ordentlich Winter-Stimmung in Entenhausen.




Was erlebt Micky während einer Zugfahrt in einem Abteil mit einem Unbekannten?

Für Mickys Freunde liegt es auf der Hand: Der Mäuse-Detektiv ist vollkommen überarbeitet und wittert ständig eine sich anbahnende Straftat. Er überinterpretiert ständig alles bei jeder Gelegenheit und zieht voreilig irgendwelche Schlüsse, womit er sich bei Außenstehenden häufig blamiert. Besonders Mickys Verlobte Minni Maus ist sichtlich genervt von Mickys ständigen Sperenzchen. Sie verordnet ihrem Liebsten einen Winterurlaub fernab der Heimat und Micky verspricht zähneknirschend, sich für einen Monat in keinen Kriminalfall mehr einzumischen. Mit dem Zug geht es für Micky in ein abgeschiedenes Dörfchen im Gebirge, wo leise der Schnee vor sich hin rieselt. Das ist Balsam für Mickys Nervenkostüm, doch zuvor muss er eine verquere Zugfahrt überstehen, bei der es drunter und drüber geht. In Micky Abteil hat ein seltsamer Mitreisender Platz genommen, der unserem Mäuserich äußerst verdächtig vorkommt. Allerdings will Micky sich auch an sein Versprechen halten, nicht auf eigene Faust zu ermitteln, was ihn vor eine innere Zerreißprobe ungeahnten Ausmaßes führt.



Auf den ersten Blick vielleicht nicht unverbraucht, entwickelt Autor Marco Nucci einen extrem unterhaltsamen und nicht zu unterschätzenden Plot für Mickys Manie. Das blau ummantelte, zuckende Auge von Micky entwickelt sich schnell zum Running Gag – und Mickys Anfälle werden von Zeichner Giampaolo Soldati stets aufs Neue erfrischend und urkomisch umgesetzt. Was zuerst wie eine geschmackvolle Gag-Geschichte aussieht, nimmt wie der Zug ins Gebirge an Fahrt auf und mündet doch noch in einen Kriminalfall. Mickys innere Monologe sind durchweg sehr erheiternd, wobei ein paar stille Momente vielleicht auch nicht geschadet hätten, um der Handlung mehr Ruhe zu verleihen. Interessanterweise dürfen auch Mickys Freunde eine kleinere Rolle spielen – und ein alter Bekannter darf natürlich auch nicht fehlen. Dazu gibt es mehr oder minder versteckte Anspielungen auf Filme von Alfred Hitchcock – hier bemerkt man die Leidenschaft zum Geheimnisvollen sofort!

Mir hat die Geschichte gut gefallen und ich konnte mich königlich amüsieren.




Aus welchem Grund steckt der moderne Phantomias bei Marco Gervasio in der Klemme?

Der ausgebuffte Geschäftsmann Marc Enclauh, der sich vor gar nicht langer Zeit die Markenrechte an Phantomias' Namen und Kostüm hat schützen lassen, ist erneut in einem Entenhausener Nobelhotel abgestiegen und hat einen neuen Plan gefasst: Mit der auf seiner Streaming-Plattform veröffentlichen Doku "Mein Name ist Phantomias" will er Millionen von Entenhausenern vor die Bildschirme locken. In dem Film, an dem auch der durchtriebene Influencer Quack Dallas mitgewirkt hat, wird Phantomias jedoch als selbstverliebter Geck dargestellt, der außerhalb des Gesetzes agiert und lieber auf eigene Rechnung im Dunklen agiert. Manche Bürger der Gumpenmetropole beginnen am angeschlagenen Image des strahlenden Helden zu zweifeln, was an vorderster Front Donald Duck zu spüren bekommt, der immerhin als bester Freund des maskierten Rächers Ansehen genießt. In seinem Alter Ego als Phantomias sinnt Donald nach Rache, begibt sich aber unverhofft in eine Falle, durch die er sich nur noch mehr in die Zwickmühle manövriert. Zeitgleich ist es einem technikaffinen Wachtmeister bei der Entenhausener Polizei gelungen, die Verschlüsselung von Phantomias' Handy zu knacken. Inspektor Imglück und Kommissar Pinkus wittern ihre Chance und folgen der digitalen Fährte, bis sie schließlich vor dem Haus von Daniel Düsentrieb stehen. Der Ingenieur, der für Phantomias' Heldenausrüstung verantwortlich zeichnet, schraubt gerade an einem Phantomias-Roboter und kann sich daher nicht so einfach von der Anschuldigung loslösen, den Phantobot zu steuern. Die Polizei bezweifelt, dass es überhaupt einen Phantomias aus Fleisch und Blut gibt, und nimmt das Erfindergenie erstmal in Gewahrsam. Nun sitzt der echte Phantomias so richtig in der Tinte, da er an zwei Fronten zugleich kämpfen muss, ohne seine Geheimidentität preisgeben zu müssen!



Das von Marco Gervasio geschaffene "Gervasioversum" um den Rächer-Phantomias in modernen Zeiten findet in dieser Geschichte seinen bisherigen Höhepunkt. Die wiederkehrenden Figuren wie der gewissenlose Großunternehmer Marc Enclauh oder der bärbeißige, aber hochintelligente Inspektor Imglück nehmen weiter Gestalt an und bringen den dringend benötigten frischen Wind in den Phantomias-Kosmos. Aber auch die dynamisch fortentwickelten klassischen Entenhausener wie Gustav Gans oder Daisy Duck passen fortan besser ins Bild und schaffen ein stabiles Umfeld für den normalen Nachbarn Donald Duck, hinter dem sich insgeheim der Superheld Phantomias verbirgt. Die Charakterisierung von Daniel Düsentrieb nimmt nach den bisherigen "Spannungen" ebenfalls neue Züge an; und dieses Mal ist es Phantomias, der seinem Begleiter aus der Patsche helfen muss. Im Ergebnis folgt "Mega-Medienrummel" seiner eigenen Logik nach innen und außen, schafft es aber aus meiner Sicht, die Fäden nicht entgleiten zu lassen. Mich hat sehr überrascht, dass hier gleich zwei für sich betrachtete Episoden erzählt werden, die man für sich genommen auch in zwei völlig verschiedene Storys hätte packen können. Mir fiel erst später auf, dass Marco Gervasio es hier bewusst darauf ansetzt, die beiden gegensätzlichen Handlungsteile zusammenzuführen und eine für Donald größtmögliche Gefahrenlage zu kreieren. Man kommt folglich nicht umhin festzustellen, dass die Geschichte straff fortgeschrieben ist und es für Donald alias Phantomias viel zu tun gibt. Dennoch hatte ich nicht den Eindruck, die Handlung würde überhastet entgleiten; was wahrscheinlich an den "Nebenkriegsschauplätzen" um Donalds Gläubiger, Dagoberts Geschäftssinn, Daisys Geltungsdrang und Gustavs unerwarteter Hilfsbereitschaft liegt. Letztere lässt sich vielleicht nicht so recht erschließen, wenn man die vorherigen Abenteuer nicht gelesen hat – trotzdem verspricht "Mega-Medienrummel" beste Unterhaltung für jedermann.




Wohin entführen Vito Stabile und Marco Rota den verwirrten Onkel Dagobert?

Im Entenhausener Milliardärsklub amüsieren sich die feinen Herren um Klaas Klever über Onkel Dagoberts Geiz. Trotz anfänglicher guter Laune kann es Onkel Dagobert nicht verstehen, wie neureiche Schnösel wie der Süßwarenfabrikant Karl Karamello mit Geld nur so um sich werfen – auch, wenn sie es für gemeinnützige Zwecke tun. Der reichste Mann der Welt kann sich bekanntermaßen nur sehr schwer von seinen geliebten Talerchen trennen und freut sich daher umso mehr über einen vergünstigten Backenbart-Schnitt bei einem neu eröffneten Barbier. Unter der elektrischen Haube wird Dagobert allerdings ganz schön anders, und nach der "Behandlung" spendiert er dem Barbiermeister gleich einmal satte 1.000 Taler. Fortan mischt sich Onkel Dagobert unter die Menschen, um schubkarrenweise Geld zu verschenken und sogar Baptist für einen Talerregen aus einem Luftschiff einzuspannen. Es liegt auf der Hand, dass hier etwas nicht mit Dagoberts Persönlichkeit stimmen kann. Donald und Tick, Trick und Track haben sogleich die Panzerknacker im Verdacht. In der Folge kann sich Onkel Dagobert jedoch nicht mehr daran erinnern, wer er selbst ist, sogar seine Freunde und Verwandte erkennt er nicht mehr. Professor Primus von Quack berichtet von der verborgenen Ruinenstadt "Meminista", wo ein Blick in das schimmernde Wasser der "Quelle des wahren Ichs" ausreichen soll, zu sich selbst zu finden. In Begleitung treten die Ducks die mühsame Reise in den Urwald an, um die rettende Quelle zu finden.



Die für mich beste Geschichte des Bandes stammt vom aufstrebenden Autor Vito Stabile und dem italienischen Ausnahmekünstler Marco Rota, den man bisher nur sehr selten im LTB zu Gesicht bekam (zuletzt vor 15 Jahren in LTB 360!). "Der Persönlichkeitsumwandler" hält ein waschechtes Abenteuer für Familie Duck bereit, wobei der Fokus ausgesprochen geschmackvoll auf der Charakterisierung von Onkel Dagobert liegt. Es gelingt, die perfekte Mischung aus dem grantig-italienischen und dem abenteuerlustigen Raufbold-Dagobert bei Carl Barks (und Don Rosa) zu schaffen, der in der Symbiose sein oft verborgenes Herz aus Gold unter Beweis stellen darf. Hierfür nimmt sich die Geschichte viel Zeit, ohne sich in Nebenhandlungen zu formulieren und ohne zu vergessen, hier und da einen kleinen Gag einzubauen. Überhaupt strotzt die Story nur so vor Bezügen und Anspielungen auf klassische Barks-Abenteuer; und gewohntermaßen hat sich der Künstler auch selbst verewigt.

Wogegen der erste Teil nahezu in Entenhausen spielt, entführt uns Autor Vito Stabile im zweiten Teil in den undurchdringlichen Dschungel und eine unterirdische Tempelanlage. Die genannte Tempelstadt lässt einen sprachlos in das Comicbuch blicken, so wunderschön ist der Anblick der palastartigen Gebäude mit ihren Türmchen. Die großgewachsenen Panzerknacker treten endlich mal wieder als gerissene und gefährliche Schurken in Aktion, vor denen Donald lieber Reißaus nimmt. Die neu eingeführte Figur gibt der Geschichte eine zusätzliche emotionale Bedeutung und sorgt für eine gehörige Portion Spannung. Am Ende kann Onkel Dagobert sogar einen Schatz für sich mit nach Hause nehmen, aber ich hätte mir gewünscht, dass er im Endkampf nicht ausschließlich auf seine Kraft, sondern auch ein bisschen auf seinen Kopf gesetzt hätte – wo er doch sonst so gern clevere Fallen stellt.



Eine Top-Story, die bis zur letzten Seite Spaß macht und den Leser bzw. die Leserin mit einem wohligen Gefühl im Bauch zurücklässt: Leseempfehlung!




Welche Geschichte hält eine Überraschung bereit?

In Blasco Pisapias (Autor und Zeichner in Personalunion) "Der Wahrheitsträumer" gibt die Geschichte selbst zu Beginn zu, dass sie wie so viele andere vor ihr beginnt: Der gute Goofy stöbert auf seinem vollgestopften Dachboden nach einem Relikt seiner Urahnen (hier ein bestimmtes Rezept), nicht ohne dabei auf noch mehr Artefakte und Gegenständer voller persönlicher Erinnerungen zu stoßen. Mickys gut gemeinter Rat, einmal für Ordnung zu sorgen, wird von Goofy weniger Aufmerksamkeit geschenkt als seinem alten Teddybären und seiner klingenden Spieluhr. Schließlich stößt Goofy auf selbstverfasste kleine Fabeln mit liebevollen, skizzenartigen Zeichnungen, die er einst in jungen Jahren schrieb. Von Kumpel Micky motiviert beschließt Goofy, seine Fabeln beim Entenhausener Kurier einzureichen und wird schnell zum gefeierten – wenngleich anonymen – Autor der Sparte "Äsops Enkel". Als es eine fiese Bande um einen fetten flugunfähigen Mafiaboss auf Goofy abgesehen hat, erkennt er zunächst noch nicht, dass in vielen seiner Fabeln ein wahrer Kern steckt und sich bestimmte Ereignisse in abgewandelter Weise tatsächlich ereignen. Als Goofy von den Rowdys entführt wird, muss Micky das Geheimnis um Goofys Träume lüften.



Eine wirklich putzige Story mit einem nicht minder sympathischen Goofy in der Hauptrolle. Auch Micky, der Goofy anfangs etwas belächelt und sich dann mit ihm über seinen Erfolg freut, wird super als Kumpel-Typ charakterisiert und hilft Goofy am Ende aus der Patsche. Der Plot um die Gangsterbande ist immerhin nicht völlig aus der Luft gegriffen und wird sinnig aufgebaut. Fraglich bleibt, warum sie so von Goofys Kräften überzeugt sind, dass sie dreimal aufs falsche Pferd setzen. Es gibt ein paar Augenblicke für Schmunzler, ohne dass man sich über Goofy unnötig lächerlich macht. Einen klaren Pluspunkt gibt's für die wunderbaren Kinderzeichnungen von Goofy in den Fabeln. Nett!




Bei welchen Geschichten bleibt der Unterhaltungswert auf der Strecke?

Selbst in Verkleidung eines aufgebufften Staubsaugervertreters gelingt es der Hexe Gundel Gaukeley nicht, in Onkel Dagoberts Geldspeicher einzudringen und den reichsten Mann der Welt in ihren Bann zu ziehen. Zornig tritt sie die Heimreise zu ihrer Hexenhütte an den Hängen des Vesuvs an, wo sie wenig später unerwarteten Besuch erhält: Ihre alte Freundin Mona Menetekel (fälschlicherweise mit "Roberta" übersetzt) rückt gleich mit ihrer eigenen Hütte auf metallischen Hühnerfüßen an. Die technikbegeisterte Zauberin Mona, die wie Gundel zum Schlag der modernen, selbstbewussten Hexen gehört, lauscht den Sorgen ihrer Freundin. Sie schlägt vor, dass Gundel ihre Methoden ändern müsse und ein Ablenkungsmanöver inszenieren sollte, um Dagobert Duck aus dem Speicher zu locken und ungesehen den Zehner Nummer Eins in ihren Besitz zu bringen. Mithilfe der magischen "Obsol-Essenz" dringen Gundel und Mona unerkannt in die Warenlager von Onkel Dagoberts Technik-Unternehmen ein und bestäuben die Geräte mit dem unsichtbaren Mittelchen. Es dauert nicht lange, da stehen die Kunden von Dagoberts Kaufhäusern Schlange bei der Retour-Station: Obwohl nigelnagelneu gekauft, geben Fernseher, Handys und Laptops kaum ausgepackt den Geist auf oder spielen völlig verrückt. Onkel Dagobert trommelt seine Ingenieure zusammen und lässt seinen Glückszehner unbewacht: Darauf haben Gundel Gaukeley und Mona Menetekel nur gewartet!



Es ist sehr schön, dass Marco Meloni die Hexe Mona Menetekel wieder einmal aus dem Hut gezaubert hat. Nicht nur als mentale Stütze, sondern vor allem als technisch gewiefte Komplizin von Gundel Gaukeley bietet die Figur aus meiner Sicht genug Potenzial für Gundel-Geschichten der besonderen Art. Die Umsetzung ist hier aus meiner Sicht leider nicht so gut gelungen, da die Geschichte doch recht unspektakulär und regelrecht langweilig abgefackelt wird. Richtig erläutert wird die Obsol-Essenz irgendwie nicht und man hätte vielleicht lustigere Szenen erzählen können, in denen irgendwelche Gerätschaften plötzlich den Geist aufgeben. Oder man hätte Dagobert selbst zum Opfer der Obsol-Essenz erwählt. So ist es nicht nachvollziehbar, weshalb Dagobert den Geldspeicher verlässt (für gewöhnlich kommen seine Ingenieure oder Manager direkt in sein Büro), um dann zwei Minuten später doch wieder auf der Matte zu stehen. Die Auflösung ist leider ziemlich vorhersehbar. Nicht unerwähnt bleiben darf, dass sich die LTB-Reducktion hier zum erneuten Male einen gravierenden Schnitzer erlaubt hat, in dem Mona Menetekel fälschlicherweise mit ihrem italienischen Originalnamen "Roberta" übersetzt wurde. Ein Fehler, den man sich nicht erklären kann und möchte.



Eine weitere Lektion in Sachen Finanzwelt erteilen uns Alessandro Sisti und Vitale Mangiatordi mit "Mobile Geschäfte". Bei dem mit Stahlplatten verkleideten Kleintransporter, der im Entenhausener Bankenviertel steht, handelt es sich entgegen der Annahme von Donald sowie Tick, Trick und Track um einen Limo-Stand oder einen Eiswagen. Hinter der Jalousie sitzt nämlich niemand Geringeres als Onkel Dagobert, der Leuten auf der Straße einen Kredit anbieten möchte. Zur Verwunderung der Ducks handelt es sich aber nur eine roboterartige Attrappe, denn der leibhaftige Dagobert steht kurzerhand neben Donald und Co. Er erklärt, dass die meisten Menschen zwar ihre Geldgeschäfte am Bankautomaten oder digital tätigen würden, man zur Kreditaufnahme aber noch immer eine vertrauenserweckende Bank aufsucht. Mit seiner mobilen Bank will der alte Zylinder weitere Kunden ansprechen. Wie sich herausstellt, ist Onkel Dagoberts Idee aber nicht von Erfolg gekrönt. Sogar in einem abgeschiedenen Dörfchen ist man skeptisch, lockt aber mit verheißungsvollen Sicherheiten. – Oje, was für eine staubtrockene und hanebüchene Geschichte um Dagobert als Kreditgeber! Anfangs noch bemüht, halbwegs Wissen um funktionierende Banken und Geldgeschäfte zu vermitteln, driftet die Story völlig ab und schließlich suchen Dagobert und Donald eine ausgebeutete Kupfermine auf, die Dagobert sogar selbst schon gehörte. Wäre Dagobert Ducks Ruf in Entenhausen wirklich so entsmiserabel, dann würde wohl niemand mehr seine Produkte kaufen und der Großteil der Entenhausener wären arbeitslos. Eine Story, an der fast nichts stimmt und die mich stirnrunzelnd zurückließ.



Wenig Raum für Überraschungen und den mit Schneeschuhen eingetretenen Pfad der Wirtschaftswetten bietet "Eiskalter Kassenschlager" von Vito Stabile und Diego Bernardo. Der passiv-aggressive Klaas Klever wettet mit Dagobert um dessen guten Ruf, dass es ihm nicht gelänge, 1.000 Stück Eis am Stil in einem verschneiten Städtchen irgendwo im Norden zu verkaufen und dabei jeden einzelnen Verkauf auf Video zu dokumentieren. Samt dick eingemümmelter Neffenschar begibt sich Onkel Dagobert mit einer Wagenladung Stileis nach "Frostbeulingen", wo man zwar klirrende Kälte als Kulturgut beklatscht, aber ganz und gar nicht auf den Geschmack von Eis gekommen ist. Doch aufgeben gilt nicht – und so sucht Dagobert nach weiteren Verwendungsmöglichkeiten der eiskalten Köstlichkeiten. Unaufgeregte und durchgängig lapidare Kurzgeschichte, die alle klassischen Elemente der Rivalen-Geschichten sprichwörtlich auslutscht. Nichts, was man nicht schon mit irgendeinem anderen Produkt gesehen hätte, aber unterm Strich eben auch nicht grundlos schlecht. Bernardos Zeichnungen sind ebenfalls sehr solide. Auch wenn ich nicht auf den genussreichen Geschmack dieser Geschichte gekommen bin, habe ich jetzt Appetit auf Eiscreme.




Was ist der Tiefpunkt des Bandes?

Einen tiefen Satz in den aufgetürmten Schnee am Straßenrand machen meiner Meinung nach die beiden Einseiter in diesem LTB. Bei "Ferienfreuden: Wechselhaft" von Nicola Tosolini wundert man sich wahrlich, dass dieser Onepager nicht im LTB Camping gelandet ist – aber wenn man diese Frage gedanklich ausgesprochen hat, ist die Story auch schon wieder vorbei und der Gag wie eine Schneeflocke auf der Zunge geschmolzen. Zahnweh dagegen bereitete mir die zweite Ausgabe der Mini-Serie "Mit Stock, Charme und Zylinder" mit dem qualvollen Titel "Eins auf die Ohren" von Transgaard und Ferraris: Wahnsinn, dieser Murks ist sogar noch schlechter als im letzten LTB.

Als absoluter Tiefpunkt des Bandes bleibt aber nichtsdestotrotz die bescheidene Titelgeschichte im Gedächtnis.






Welche Details kann man schnell übersehen?

Der Guru in der Titelgeschichte ist mit einem mit Blümchen bemalten VW Bus T2 unterwegs.

Nicht nur der Titel von "Der mysteriöse Mitreisende" ist – wie Klarabella bemerkt – eine Anspielung auf den Film "Der Fremde im Zug" von Alfred Hitchcock, es gibt auch noch einige weitere Details wie zum Beispiel die auf einer Oberleitung sitzenden Krähen wie im Klassiker "Die Vögel" von 1963.

Goofys Fabeln erscheinen beim Entenhausener Kurier unter der Überschrift "Äsops Enkel". Die antike Gestalt des Äsop gilt als wegweisender Begründer der Fabeln, die mit ihren tierischen Weggefährten immer eine kleine Moral vermitteln.

"Der Persönlichkeitsumwandler" ist voll von versteckten Details, die direkten Bezug auf das Werk von Carl Barks nehmen. Eine kleine Übersicht hat Fieselschweifling McDuck hier zusammengetragen..

Das auf Hühnerbeinen laufende Haus von Mona Menetekel nimmt Bezug auf die slawische Märchengestalt Baba Jaga.




Wie sieht das Fazit zu LTB 555 aus?

Cover Eiskalt erwischt einen das neuste Lustige Taschenbuch jedenfalls nicht: Mit "Der Persönlichkeitsumwandler" und "Mega-Medienrummel" haben sich zwei erstklassige Storys in Stellung gebracht, die das Herz so mancher Entenfans höherschlagen lassen dürften. Wer sich gut mit den zeitgenössischen Geschichten aus Marco Gervasios Feder anfreunden kann, in denen Donald mit Hochdruck daran arbeitet, seine Geheimidentität für sich zu behalten, wird mit "Mega-Medienrummel" garantiert viel Freude haben – denn hier fließen viele Fäden der letzten Geschichten aus dem Kosmos zusammen. Der inhaltliche Teil um den gewissenlosen Unternehmer Marc Enclauh wird zum Finale hin allerdings deutlich schwächer und unausgegorener. Liebhaber der klassischeren Geschichten voller Hommagen an Carl Barks kommen mit "Der Persönlichkeitsumwandler" voll auf ihre Kosten, was nicht zuletzt an den meisterhaften Zeichnungen von Marco Rota liegt.

Im Medaillenspiegel liegen diese beiden Top-Stories daher vorn:
1. Der Persönlichkeitsumwandler
2. Mega-Medienrummel
3. Der mysteriöse Mitreisende
4. Der Wahrträumer
5. Eiskalter Kassenschlager
6. Die Obsol-Essenz
7. Mobile Geschäfte
8. Abflug auf Ski
9. Ferienfreuden: Wechselhaft
10. Mit Stock, Charme und Zylinder – Eins auf die Ohren

Der Bronzeplatz geht an die verrückte Erzählung um Mickys mysteriösen Mitreisenden, die ich sehr vergnüglich fand und bei der ich meinen Spaß mit dem überreizten Micky hatte. Vielleich hätte hier etwas weniger Ulk und dafür mehr geheimnisvolle Atmosphäre (auch zeichnerisch) gutgetan. Dicht gefolgt mausert sich die Goofy-Geschichte um Goofys wahr werdende Träumereien auf Platz vier. Stark erzählt und mit viel Charme. Im Mittelfeld purzeln die Verkaufsgeschichte um die 1.000 Stileis und das unterkühlte Wiedersehen mit Mona Menetekel durcheinander. Steil bergab ging es mit Dagoberts mobilen Bankgeschäften und der abgestürzten Eingangsgeschichte mit den Unsympathen Donald und Gustav.




Was erwartet uns in LTB 556?

Die Panzerknacker wollen im nächsten LTB endlich "Das Geheimnis des Geldspeichers" lüften. Dabei wollen sie sich das vielseitige Wissen von Baptist aneignen, der den Duck'schen Speicher in allen Einzelheiten kennt. Aber wird er die Geheimnisse so einfach preisgeben? Ab dem 1. März werden wir es in der Geschichte von Alessandro Sisti und Giuseppe Facciotto erfahren. Während sich Daniel Düsentrieb einen zweiten Assistenten in seine Werkstatt holt und damit den Neid von Helferlein erweckt (Panaro / Guerrini), bekommt Micky Maus mal wieder Besuch von seinem Freund Gamma, dem Außerirdischen aus der Zukunft (Arrighini / Tosolini). Außerdem versucht Mac Moneysac, die Pläne seines Rivalen Dagobert Duck zu durchkreuzen (Carol McGreal). Das Geheimnis, ob LTB 556 ebenfalls überzeugen kann, wird kommenden Monat auf jeden Fall gelüftet!


Zuletzt aktualisiert: 19.02.2022, 00:03
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