Rezension: LTB 554 - Tag und Nacht im Einsatz
Egal, ob bei Tageslicht oder bei Mondschein: In Entenhausen ist Donald Duck praktisch 24 Stunden unterwegs. Sei es als Alltags- oder Superheld, sein treuer 313er begleitet ihn auf den Straßen der Gumpenmetropole. In LTB 554 reißt sich ausgerechnet Dr. Dark das Phantomobil unter seine Kratzenkrallen und dringt damit in neue Sphären vor (Pihl / Fecchi).
Keine Angst müsste dagegen Onkel Dagobert haben, denn der Hohe Hexenrat hat Gundel Gaukeley all ihre magischen Kräfte entzogen. Da es sich bei Gundel nun "Ausgehext" hat, fällt es ihr zunächst schwer, sich im schnöden Alltag zurechtzufinden (Palazzi / Valentini). Augen und Ohren muss auch Micky Maus offen halten, der einen unsichtbaren Spießgesellen im kleinen Städtchen Ipmouse beobachtet (Venerus / D'Ippolito). Onkel Dagobert und Donald gehen gemeinsam auf Schatzsuche und folgen der Spur einer goldenen Mythengestalt, um eine peruanische Stadt aus Gold zu finden. Oder spornt Onkel Dagobert etwa etwas anderes an?
Für eine Handvoll Taler kann man das LTB 554 "Tag & Nacht im Einsatz" erwerben, muss dafür aber ein paar Münzen mehr locker machen. Der Preisanstieg betrifft nicht nur die Hauptreihe, sondern auch ein paar Nebenreihen des LTBs. Unsere Freunde aus Österreich und der Schweiz müssen sogar noch tiefer in die Taschen greifen.
Völlig umsonst, gratis, ja sogar kostenfrei könnt ihr die Frage-Antwort-Rezension des ersten LTBs aus 2022 durchstöbern. Wer noch einmal auf 2021 zurückblicken will, sollte sich den LTB-Jahresrückblick 2021 zu Gemüte führen. Viel Spaß!
Von Entenfan
Der Inhalt: | |||||
Titel | Autor (A), Zeichner (Z) | EV-Jahr | Seiten | Rezension | |
Tag und Nacht im Einsatz - Helden im freien Fall | A: Andreas Pihl; Z: Massimo Fecchi | 2021 | 24 | Mittelmäßig | |
Der fliegende Bläuling | A: Davide Aicardi; Z: Giampaolo Soldati | 2021 | 16 | Määääh-rkwürdig | |
Der unsichtbare Klecks | A: Matteo Venerus; Z: Francesco D'Ippolito | 2021 | 48 | Atmosphärisch | |
Ausgehext | A: Marco Palazzi & Massimiliano Valentini; Z: Giulia La Torre | 2020 | 24 | Humorvoll | |
Sparen um jeden Preis | A: Gaja Arrighini; Z: Enrico Faccini | 2020 | 30 | Absurd-grotesk | |
Kampf ums goldene Ei | A: Gabriele Mazzoleni; Z: Sergio Cabella | 2021 | 8 | Fader Lückenfüller | |
Das Glück liegt auf Eis | A: Bruno Sarda; Z: Massimo Fecchi | 2021 | 26 | Mittelprächtig | |
Das Mädchen mit der Tulpenkette | A: Fabio Michelini; Z: Luciano Gatto | 2019 | 30 | Zu wenig Humor | |
Der Hennenflüsterer | A + Z: Enrico Faccini | 2020 | 15 | Selbstironisch | |
Die Entdeckung von Paititi | A: Vito Stabile; Z: Alessandro Perina | 2021 | 26 | Überraschungsreich | |
Mit Stock, Charme und Zylinder - Voll im Trend | A: Gorm Transgaard; Z: Andrea Ferraris | 2021 | 1 | Furchtbar fade |
Was verspricht die Aufmachung des Bandes?
Die Titelgeschichte des neuen LTBs dreht sich um das Verhältnis des 313ers bzw. des Phantomobils "X". Alles beginnt mit einem genussreichen Picknick im Grünen für Donalds herzallerliebste Herzensdame. Doch obwohl er meint, an alles gedacht zu haben, streikt der gute alte 313er auf der hügeligen Heimfahrt und ein hereinbrechendes Unwetter ruiniert Daisys Schönwetter-Schleifchen. Angezählt lässt Donald sein Wägelchen von Ingenieur Daniel Düsentrieb inspizieren, aber selbst das Erfindergenie kann sich die querulantischen Quälereien des Autos nicht erklären. Indes ist es dem verrückten Wissenschaftler Dr. Dark gelungen, aus dem Gefängnis auszubrechen. Er nutzt die Gelegenheit und stibitzt Donalds 313er, um mit dessen undurchdringlichen Schutzschild in die undurchdringlichen Weiten des Weltalls vorzudringen. Donald alias Phantomias düst per Anhalter durch die Galaxis, um auf der Entenhausener Raumstation den Krieg der Sterne für sich zu entscheiden.
Der skandinavische Autor Andreas Pihl hat mit der Figur Phantomias zumindest eine gewisse Erfahrung (Stichwort: "Schatten der Vergangenheit" aus LTB 347). Nun hat er sich auf Phantomias Heldenfahrzeug fokussiert und zeitgleich seinen k(r)atzbürstigen Schurken Dr. Dark reaktiviert. Dieser kommt als wahnsinniger Wissenschaftler, der die Welt erobern will, in dieser Geschichte etwas zu standardisiert herüber. Zwar bekommt sein dritter Auftritt im LTB einen zusätzlichen Kick dadurch, dass er Phantomias' Geheimidentität auf die Schliche kommt. Richtig bedroht scheint sich Donald Duck davon allerdings nicht zu fühlen – und auch ich blieb am Ende der Geschichte ungläubig, ob Dr. Dark sein Wissen nicht doch noch gegen Donald einzusetzen gedenkt... Außerdem ist es ja auch nicht das erste Mal, dass Phantomias ohne seinen Flitzer in Gestalt eines Oldtimers auskommen muss. Ziemlich hanebüchen wird die Geschichte dann im Weltraum weitergesponnen. Selbstverständlich eignet sich der "X" auch wunderbar als Spaceshuttle und trotzt sämtlichen Gesetzmäßigkeiten der Physik. Etwas unklar bleibt leider auch Dr. Darks neues Spielzeug der Marke Düsentrieb, auf die er es abgesehen hat: Denn seien wir ehrlich, eine quarkspuckende Kaugummikanone ist nicht gerade die diabolische Foltermaschine, um die Welt zu unterjochen. Für muntere Erheiterung sorgen die beiden Astronauten auf der Raumstationen, bei denen spaßeshalber mit den Erwartungen der Leser:innen gespielt wird. Sofern man betonen wollte, dass der 313er ein psychologisches Eigenleben führt, hätte man diesen Ansatz meiner Meinung nach aber noch etwas stärker herausarbeiten müssen. Donalds Rührseligkeit zum Schluss wäre dann etwas nachvollziehbarer herübergekommen. Immerhin liefert Massimo Fecchi sehr ansprechende Zeichnungen mit gewohnt viel Humor, gleichzeitig aber auch interessanten Einstellungen und dynamischen Actionsequenzen.
Unterm Strich eine mittelmäßige Titelgeschichte, die mir persönlich zu wenig Neues bietet und die mit dem Bösewicht Dr. Dark zu wenig anzufangen weiß.
Im beschaulichen englischen Städtchen Ipmouse sorgt ein Wandersmann, der auf der Suche nach einer Herberge ist, für Gesprächsstoff bei den Anwohnern. Mitten im Winter mag es vielleicht nicht völlig abwegig sein, sein Gesicht mit Tüchern zu verhüllen, doch der Unbekannte behält seine Schals und Handschuhe auch noch im Frühjahr an. Die Besitzerin der Herberge kann in Erfahrung bringen, dass der Reisende sich als Wissenschaftler ausgibt und für seine vielseitigen Experimente abenteuerliche Tinkturen und andere Zutaten aus der Apotheke benötigt. Mit der Zeit kommen den Leuten aber Zweifel an dem Verhalten des Mannes, dessen moralischer Verfall anzudauern scheint. Schließlich sorgt ein Diebstahl für Aufsehen, der von niemand anderem als dem Unbekannten verübt worden sein kann. Der junge Micky aber lässt sich nicht so einfach einschüchtern und sinnt darauf, das Geheimnis um die Identität des Mannes zu lüften und dem Treiben ein Ende zu bereiten.
Eine eher ungewöhnliche Literatur-Adaption präsentieren uns Matteo Venerus und Francesco D'Ippolito mit einer Persiflage des Romans "Der Unsichtbare" des englischen Schriftstellers H. G. Wells aus dem Jahr 1897. Der ein oder die andere erinnert sich vielleicht auch an den gleichnamigen Taschendieb aus dem Film "Die Liga der außergewöhnlichen Gentleman". Der unsichtbare Chemiker Griffin setzt seine "Fähigkeit" immer mehr auch für kriminelle Zwecke ein und schreckt auch vor einem Mord nicht zurück. Nun, ganz so dramatisch kommt die Comic-Version selbstverständlich nicht daher. Aber man spürt den steten Spannungsaufbau und die Neugierde der Dorfbewohner deutlich. Wer unter der Maskerade steckt, wird etwa in der Mitte der zweiteiligen Geschichte offenbart, doch nur Micky weiß davon Bescheid und muss seinen Mut unter Beweis stellen.
Insgesamt vermittelt für mein Dafürhalten aber eher die erste Hälfte eine bedrückende Atmosphäre, was nicht zuletzt an den coolen Zeichnungen von D'Ippolito liegt, der die Örtlichkeiten der Geschichte hervorragend umsetzt und vielen Figuren einen individuellen Touch verleiht, der der Adaption auf jeden Fall zuträglich ist (zum Beispiel die Polizeiuniformen von Hunter, Issel und Steinbeiß). Dagegen gibt's in der zweiten Hälfte recht viel unbescholtene Blümchenwiese zu sehen: Hier hätte der Spannungshöhepunkt vielleicht ein bisschen mehr gebraucht. Vielleicht liegt mein Eindruck allerdings auch daran, dass man versucht hat, gleichzeitig auch einige Gags und komische Situationen einzubauen, um das Drama aufzulockern. Nichtsdestotrotz kann man diese Literatur-Adaption mit zu den besseren Hommagen der letzten zehn Jahre zählen und darf sich von der Umsetzung gut unterhalten fühlen.
Die drei Marketingexperten von Onkel Dagoberts Erlebnispark werden vom reichsten Mann der Welt in äußerst unsanfter Weise vor die Tür befördert. Was Onkel Dagobert jetzt braucht, ist Ablenkung! Doch im Klub der Milliardäre tuschelt man tunlichst nur über seine triumphalen Trophäen, die man irgendwo auf der Welt aufgeklaubt hat, um in der Außenwahrnehmung zu den "Spitzen der Gesellschaft" zu zählen. Besonders der beleibte Primus Protzenhauer ist um sein Image als Sammler und Entdecker bedacht. Für Onkel Dagobert hat das nichts mit dem Ruf des Abenteuers zu tun. Jedoch ist Dagoberts Interesse an einer goldenen Feder geweckt, die der Milliardär Protzenhauer unlängst im peruanischen Urwald erworben hat und die dem sagenhaften Riesenvogel Allicanto gehören soll. Handelt es sich bei dieser Kreatur nicht auch um den Hüter der goldenen Stadt Paititi? Der reichste Mann der Welt lässt sich auf eine Schatzsuche mit seinem Partner Protzenhauer ein und braucht auch wenige Argumente, um seinen Erbneffen Donald Duck zur Reise nach Peru zu bewegen. Dort zeigt Donald, dass er im Laufe der Jahre schon viel von Onkel Dagobert gelernt hat. Dagegen wirkt dieser etwas abwesend und nicht ganz bei der Sache zu sein...
Eine überragend überraschungsreiche Schatzsuche von Vito Stabile bildet den Abschluss von LTB 554. Es ist herrlich, wieder einmal eine schöne Abenteuergeschichte um eine verschollene Stadt aus Gold zu lesen, die auch mit einer (halbwegs?) bekannten Sagengestalt aufwarten kann. Obwohl man Barks'sche Bezüge nur schwer erkennen kann, folgt "Die Entdeckung von Paititi" damit in gewisser Weise einer Tradition (Minotaurus, Harpyien, Einhorn uvm.). Die besondere Stärke dieser Geschichte liegt meines Erachtens aber auf der lebendigen Figurengestaltung und der – ja, doch – unvermittelt unvermuteten Psychologie. Nicht nur, dass dank des versnobten Möchtegernmilliardärs ein willkommener Grund eingebracht wird, auf Schatzsuche zu gehen. Auch Donald bekommt verdientermaßen seine Glanzmomente, darf als Pechvogel in Pannen stolpern, schlussendlich aber als "Stimme der Vernunft" die Menschlichkeit zum Ausdruck bringen. Am geheimnisvollsten gibt sich der Protagonist Dagobert Duck, der mit seiner clever dargestellten Vielschichtigkeit nicht so schnell zu durchschauen ist. Hier ist man als Leser gern mit einem Augenzwinkern bei Dagoberts Herz aus Gold amüsiert. Das eigentliche Gold kommt dann – und das ist angesichts der wundervollen Gestaltung der goldenen Stadt wirklich schade! – aber ziemlich kurz. Ein paar Hürden hätten die Abenteuer schon noch überspringen können, und auch der Abgang (der mich stark an das Ende des DuckTales-Mehrteilers "Das Tal der goldenen Sonne" erinnert hat) kommt recht abrupt. Vielleicht wäre hier noch mehr drin gewesen!
Das stadtbekannte Schoßkind des Glücks, Gustav Gans, hat nach einem Wink des Schicksals ein angesagtes Hotel übernommen. Zum Leidwesen von Gustav handelt es sich allerdings um ein gigantisches Iglu aus starrem Eis. Als sich ein Regisseur bei Gustav meldet, der mit seiner kompletten Filmcrew in dem Hotel einchecken will und dieses für Aufnahmen für seinen neuen Agentenfilm nutzen will, ist Gustav jedoch Feuer und Flamme. Schließlich bietet sich ihm die Gelegenheit, die hübsche Schauspielerin Betty Bell kennenzulernen, die dem Erpel die Augen verdreht hat. Als Bedienstete für sein Hotel hat Gustav seine Vettern Donald und Dussel vor den Karren gespannt, die sich nach bester Mühe um die Filmschaffenden kümmern.
Naja, irgendwie eine mittelprächtige Mischung verschiedener Genres, die Bruno Sarda hier zusammenmixt. Was als Gag-Geschichte über Gustavs verlorenes Glück beginnt, entwickelt sich von einer kitschigen Kiss-me-if-you-can-Komödie zu einem holprigen Spionagethriller. Dabei lebt "Das Glück liegt auf Eis" von den extrem ungewöhnlichen Rollen innerhalb der Duck'schen Vetternwirtschaft. Dass Gustav sich kopflos verliebt, passt doch eher zu Dussel, und Gustavs Eigenart, von einem Fettnäpfchen ins nächste zu treten, scheint er Donald abgenommen zu haben. Denn Donald und Dussel entwickeln sich schnell zu Sympathieträgern, während die gute Betty – wie man selbst wohl auch – nur den Kopf über Gustavs Verhalten schütteln kann. Das Spektakel mag hier und da ganz witzig sein, ist aber auch nicht das Nonplusultra. Die abwegige Spionage-Seite wirkt arg konstruiert. Die zweite von Massimo Fecchi umgesetzte Story in diesem Band ist mit vielen schlanken Figuren mit X-Beinen und dutzenden verwirrten Gesichtsausdrücken sehr solide.
Der Clan der Ducks ist auf Oma Ducks tief verschneitem Bauernhof zu Besuch. Das Gemecker von Ziegenbock Billy zieht Donald, Dagobert und Tick, Trick und Track jedoch vor die Tür. Billy hat ein azurblaues "Etwas" aus dem Schnee zutage gefördert und will es sich beinahe schmecken lassen. Die drei Fieselschweiflinge zücken ihr Schlaues Buch und geben zum Besten, dass es sich um einen blauen Trüffel handele, der leicht wie eine Feder vom Wind daher getragen wird und enorm schmackhaft sei. Wie gesprochen trägt eine Bö den fliegenden Bläuling in die Winterlandschaft hinaus. Donald muss die Verfolgung aufnehmen und die klirrende Kälte am eigenen Leib zu spüren bekommen. Ob das den Aufwand rechtfertigt? – Mhm, nein, tut er nicht. Denn "Der fliegende Bläuling" von Jungautor Davide Aicardi (es ist erst seine zweite Geschichte im LTB) verschwindet flugs auf Nimmerwiedersehen. Appetitlich sind der sprachlose Mittelteil mit Donalds Kältekapriolen auf der Jagd nach dem Trüffel und der lustige Umstand, dass viele Szenen aus der Sicht von Billy gezeigt werden. Määääh-rkwürdig!
Mit einem starrsinnigen Tier bekommen es auch Kater Karlo und sein Kumpan Schnauz zu tun. In "Kampf ums goldene Ei" von Gabriele Mazzoleni und Sergio Cabella erleben wir die beiden Kleinkriminellen dabei, wie sie versuchen, einen verbohrten Adler aus seinem Nest zu bekommen. Der gefiederte Eierdieb hat nämlich das goldene Ei geklaut, das Schnauz kurz vor seiner Verhaftung im Gebirge sicher versteckt hat... - Länger als acht Seiten hätte die Kurzgeschichte wohl auch nicht mehr werden dürfen: Die bekannten Vogel-Gags landen jedenfalls alle im Nest. Ab und an sorgt wenigstens Schnauz für einen müden Schmunzler in diesem faden Lückenfüller.
Enrico Faccini tobt sich mit dem einfältigen Donald in der kurzen Klamauk-Geschichte "Der Hennenflüsterer" vollends aus. Dussel beherrscht den Trick, kugelrunde Hennen mit bloßer Gedankenkraft schweben zu lassen. Obwohl Donald lieber auf dem Boden der Tatsachen bleiben will, hebt er kurz darauf ab. – Physik ad absurdum führen zählt ja zu den Leidenschaften von Enrico Faccini. Hier gibt es absolut nichts zu hinterfragen, da die Story herrlich selbstironisch und zum Glück auch nicht besonders lang ist.
Man kann nicht unbedingt von einer Überraschung sprechen, wenn Gundel Gaukeley trotz ihrer Zaubertricks am Hexenabwehrsystem des Geldspeichers scheitert. Onkel Dagobert bereitet es regelrecht ein Vergnügen, Gundels stetigen Misserfolgen beizuwohnen. Wegen ihrer Versessenheit darauf, Dagoberts Glückszehner in ihren Besitz zu bringen, hat Gundel in den letzten Jahren viele Pflichten ihrer Hexenzunft missachtet. Der Vorsitzende des Hohen Hexenrates entzieht ihr daher mit sofortiger Wirkung ihre Hexenkräfte. So auf sich allein gestellt bleibt Gundel wenig Zeit zum Nachdenken, denn sie wird von der Straße weg von einem Geschäftsmann für Besen als Vertreterin angestellt. Mit neuem Look kämpft sich Gundel mit großem Erfolg durch den bürgerlichen Alltag einer Sterblichen und entdeckt sogar ihre kulinarische Leidenschaft für Knoblauch. Onkel Dagobert bleibt dennoch misstrauisch...
"Ausgehext" ist definitiv eine der besseren "Gundel-verliert-ihre-Magie"-Geschichten, die ich kenne. Das Drumherum ist schnell erzählt, vielmehr freut sich Autor Marco Palazzi daran, Gundel Gaukeley einmal als moderne Frau im geschäftigen Entenhausen zu zeigen. Köstlich amüsieren kann man sich über Gundels Begeisterung für allerlei Knoblauch-Gerichte und über besonders über den Moment, in der sie von Dagoberts Butler Baptist noch ein paar Kochtipps bekommt, hihihi! Schmackhaft finde ich nebenbei bemerkt die Zeichnungen der relativ neuen Zeichnerin Giulia La Torre, die ihr Vorbild Giorgio Cavazzano erkennen lassen und mich auf den ersten Blick an Roberto Vian denken ließen. Gerade Gundels pfiffige Frise bietet tatsächlich mal Abwechslung! Punktabzug gibt die kauzige Auflösung...
Gibt es etwas, bei dem Klaas Klever seinen älteren Konkurrenten Onkel Dagobert tatsächlich überflügeln kann? Schwierig – gerade, wenn es um Onkel Dagoberts urste Charaktereigenschaften geht. Dabei denkt man sogleich an den unbedingten Drang zum Gei... ähh, zur Sparsamkeit des reichsten Mannes der Welt! Und doch wettet Klaas Klever eine Million Taler, dass er in bestimmten Situationen sparsamer agieren kann als Onkel Dagobert. Ohne lange zu zögern nimmt Dagobert die Wette an und traut seinen Augen kaum, als ausgerechnet Primus von Quack zum Kampfrichter ernannt wird. Zusammen mit dem Präsidenten des Klub der Milliardäre denkt er sich einige verrückte Aufgaben aus, bei denen Onkel Dagobert und Klaas Klever unter Beweis stellen sollen, dass sie nicht nur bares Geld sparen können, sondern auch Ressourcen, Energie und Zeit. – In "Sparen um jeden Preis" von Gaja Arrighini und Enrico Faccini muss unser Bertel ganz schön tief in die Trickkiste greifen, um seine Ehre zu verteidigen. Der Hang zur Absurdität neigt an vielen Stellen schon ins Groteske hinein... Man ist sich nicht sicher, warum Klever ausgerechnet Dagoberts Sparsamkeit herausfordert, aber die Geschichte nimmt sich selbst so selbstironisch, dass man gar nicht viel nachdenken mag. Für Faccini-Verhältnisse eine ungemein textlastige Geschichte, was aber nicht heißt, dass es keine (versteckte) Komik gibt. Anständig!
Bei welcher Geschichte bleibt der Unterhaltungswert auf der Strecke?
Der Comic spielt auf das niederländische Meisterwerk "Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge" des Malers Jan Vermeer an und nimmt Bezug auf die wechselvolle Geschichte des Bildes. Dieses wurde tatsächlich 1881 auf einer Auktion angeboten und als Werk eines unbekannten Künstlers für 2 Gulden versteigert. Bis heute ist nicht zweifelsfrei geklärt, ob der neue Besitzer den Stil von Jan Vermeer und damit die wahre Preisklasse kannte. Vermutlich wurde das 1665 geschaffene Bildnis erst nach einer späteren Restaurierung als Vermeer ausgemacht. Es kann bis heute in Den Haag besichtigt werden und zählt zu de bekanntesten Kopfstudien. Nun, die Comicgeschichte nimmt den Weg des Gemäldes gehörig auf die Schippe. Irgendwie blöd, dass Dagobert am Ende so gut wegkommt. Zumindest gibt es viele Entenhausener und schöne Zeichnungen von Luciano Gatto zu sehen.
Die unlustigste Story von LTB 554 gibt's als allerletzte Seite: Onkel Dagobert weiß nichts mit einer Lagerhalle voll Goldfischgläsern anzufangen und setzt in "Mit Stock, Charme und Zylinder – Voll im Trend" auf die Einfältigkeit der Entenhausener Käuferschaft. Furchtbar fade!
Welche Details kann man schnell übersehen?
Im Wirtshaus von Ipmouse findet man Professor Zapotek, Marlin und Professor wunderlich an einem Tisch sitzen.
Der Name der Hexe Bissgurna bezieht sich auf den derben bayrisch-österreichischen Begriff "Bissgurn", der umgangssprachlich ein "zänkisches Weib" umschreibt.
Unter den Mitgliedern des Milliardärsklubs gibt es verschiedene (!) Herren, die mitunter bunte, regenbogenfarbene Kleidung mit vielseitigen Mustern tragen. Auf der Badewanne in Klaas Klevers Badezimmer steht "Duckuzzy Deluxe", wobei unter der Marke "Duckuzzy" tatsächlich verrückte Quietscheentchen produziert werden.
Der Name der Eigentümerin von "Beila Bye Reisen" könnte sich am Künstlernamen des Sängers Bela B. orientieren. Der Regisseur mit Namen Oli Stein persifliert den Regisseur Oliver Stone und Jimmy Koller auf Xavier Koller.
Das Panorama über die niederländische Stadt Delft zeigt im Mittelpunkt (etwas vereinfacht) die "Nieuwe Kerk", die neue Kirche.
Onkel Dagobert tauscht für die Schatzsuche im Urwald seinen klassischen Gehrock gegen einen roten Safari-Anzug.
Wie sieht das Fazit zu LTB 554 aus?
Meine LTB-Schneebälle habe ich folgendermaßen angeordnet:
1. Der unsichtbare Klecks
2. Die Entdeckung von Paititi
3. Ausgehext
4. Sparen um jeden Preis
5. Tag und Nacht im Einsatz – Helden im freien Fall
6. Das Glück liegt auf Eis
7. Der fliegende Bläuling
8. Der Hennenflüsterer
9. Das Mädchen mit der Tulpenkette
10. Kampf ums goldene Ei
11. Mit Stock, Charme und Zylinder – Voll im Trend
Am besten unterhalten habe ich mich mit "Der unsichtbare Klecks" und "Die Entdeckung von Paititi" gefühlt. Obwohl ich mir bei ersterer eine noch düstere Atmosphäre gewünscht hätte und zweitere vielleicht nicht zur vollen Entfaltung kam, um den tollen Figuren mehr Raum zu geben. Sehr nett fand ich zudem die Story mit der Ottonormal-Gundel und ihren konzeptionellen Knoblauch-Kochkünsten, bei der ich viel über Baptist lachen konnte. Witzig, aber für meinen Geschmack ein bisschen über die Strenge geschlagen darf ich die Dagobert-Klever-Wette beurteilen. Für die unterfordernde Titelgeschichte mit Dr. Dark konnte ich mich wenig begeistern. Im unteren Bereich landen die drei Tier-Geschichten (Pluspunkte wegen Ziegenbock Billy und Dussels Flughennen) sowie die Tulpenkette-Story, bei der man sich die Rahmenhandlung hätte schenken können und die viel mehr Humor gebraucht hätte.
Fazit: Ein LTB im oberen Mittelfeld mit zwei guten längeren Storys (Ducks & Mäuse) und zwei guten, humorvollen Gag-Geschichten. Eine absolute Kaufempfehlung mag ich allerdings an dieser Stelle nicht aussprechen.
Was erwartet uns in LTB 555?
Zuletzt aktualisiert: 22.01.2022, 15:09