Rezension: LTB 494 - Es geht um die Wurst!
Hindernisse des Heldendaseins (Monica Manzoni – Massimo De Vita; 30 S.)
Die ständigen Eskapaden mit Spürnase Micky gehen dessen Verlobten Minnie auf den Keks: Nirgends kann man sich mit dem geschundenen Micky Maus noch in der Öffentlichkeit zeigen! Die drahtige Minnie beschließt, Abhilfe zu schaffen und zwängt Micky in ein eigens geschneidertes Superheldenkostüm! Ausgestattet mit Superwaffen aus dem Hause Ross geht Micky von nun an des Nachts auf Verbrecherjagd – als würde er das tagsüber nicht sowieso tun. Aber während sich Micky als Privatdetektiv und rechte Hand von Kommissar Hunter einen respektablen Namen gemacht hat, versagt er als nächtlicher Rächer bei der Verbrechensbekämpfung auf voller Linie. Zu allem Übel macht sich unser Lieblingsmäuserich auch noch zum Gespött der Leute und wird mit seiner Maske eher als Clown wahrgenommen. Kann Minnie den Ruf ihres Freundes wieder ins rechte Licht rücken?
Eine interessante Frage wirft Monica Manzoni mit dieser Geschichte auf. Wir lesen gern die Abenteuer von Donald Ducks Superheldenego Phantomias, gehen mit Supergoof die verrücktesten Schurken jagen und begleiten Flederduck beim Bekämpfen krimineller Machenschaften. Aber wenn Donald, Goofy und sogar Dussel Duck eine Geheimidentität als Superheld haben, warum dann nicht auch Micky Maus?! – Gehen wir in "Hindernisse des Heldendaseins" auf Spurensuche: Erstens gibt für Micky gar keinen Grund, sich eine zweite Identität zuzulegen. Schließlich ist er als Detektiv ein gefragter Mann und – wie wir wissen – äußerst erfolgreich. Er unterstützt Hunter, Issel und Steinbeiß tatkräftig bei den polizeilichen Ermittlungen. Wieso sollte er sich dann auch noch des Nachts in Gefahr begeben? Zweitens erntet Micky in seinem Job genug Ruhm und Anerkennung, den er als bescheidener Allrounder gar nicht nötig hat. Auch Minnie profitiert von den Erfolgen ihrs Verlobten, wenn sie sich gemeinsam bei Galas und Veranstaltungen des Damenkränzchens präsentieren. Ein einfaches blaues Auge sollte dabei doch nicht ausschlaggebend sein, die Öffentlichkeit zu meiden!? Im Gegenteil, das rückt Mickys Tapferkeit doch in ein noch viel besseres Licht! Drittens – und das ist vielleicht das wichtigste Kriterium – wäre ein Entenhausen voller Superheldencharaktere total überladen. Der Sinn hinter der Figur Phantomias war ja, Donald nicht immer nur als tollpatschigen, von Vetter und Onkel geplagten Verlierer zu sehen, sondern auch als charismatischen, cleveren Rächer. Ein Micky Maus dagegen erlebt als Detektiv schon "im normalen Leben" die spektakulärsten Abenteuer. Ein Superhelden-Micky würde als eigenständige Figur überhaupt nichts Innovatives, Kreatives und Einfallsreiches hervorbringen, um Micky "in ein anderes Licht zu rücken". Kurzum: Das Experiment Heldenmaus würde gnadenlos scheitern.
Und seien wir ehrlich: Genau das geschieht in der vorliegenden Geschichte. Es ist vor Peinlichkeit nicht mit anzusehen, wie sich der kühne Micky Maus als Superheld blamiert. Das Komische an der Situation ist ja auch noch, dass die (meisten) Entenhausener Micky aufgrund seiner runden Ohren sofort erkennen! Ein weiteres Detail, was gegen die Karriere als Superheld spricht.
Der Coup von Karlo und Kralle passt zwar als Finale nicht so wirklich ins Bild, bietet aber Gelegenheit, Minnie Maus als toughe, selbstbewusste und mutige Frau in Szene zu setzen.
Desto länger man sich über die Aussage von "Hindernisse des Heldendaseins" macht, umso mehr Gefallen kann man an der gelungenen Umsetzung (auch zeichnerisch von De Vita!) finden.
Zuletzt aktualisiert: 28.11.2017, 21:57