Rezension: LTB 483 - So ein Stress!
Der Ohrwurm-Effekt (Casty - Massimo De Vita; 32 S.)
Ein Cartoon, den ich als Kind oft gesehen habe, weil er auf irgendeiner Video-Kassette drauf war, ist "Mickey's Rival" von 1936. Hier trifft Micky auf den unausstehlichen Angeber Mortimer, der zunächst Minnie anbaggert, sich dann aber am Ende als Feigling entpuppt. In den Disney-Comics spielte Mortimer aber nie eine große Rolle, vor allem in der italienischen Produktion. Warum eigentlich? Diese Frage hat sich offenbar auch Casty gestellt, der Mortimer in den letzten Jahren mehrfach in seinen Geschichten auftauchen ließ, wobei "Der Ohrwurm-Effekt" die erste davon ist, die bei uns veröffentlicht wird. Es ist ja eigentlich so, dass Mortimer gegenüber Mickys anderen Widersachern das Alleinstellungsmerkmal hat, eben nicht kriminell zu sein. Eigentlich. Denn das ist er in dieser Geschichte dann aber doch, indem er Mickys geistiges Eigentum, ein ohrwurmtaugliches Lied, stiehlt und damit zum Star wird. Trotzdem trifft er Micky auch auf einer persönlichen Ebene, indem er sich wieder an Minnie ranmacht. Obwohl es Casty also gelungen ist, Mortimer ähnlich unsympathisch wirken zu lassen wie im Cartoon, macht er nicht den Fehler, Micky zu sehr als Strahlemann darzustellen. Dass Micky nicht durchgehend rational agiert, ist nicht untypisch für Casty und äußert sich hier vor allem in einer Szene, in der er Mortimer zuerst mit faulen Tomaten bewerfen möchte, dank Goofy aber erkennt, dass das "nicht sein Stil" ist. Dazu passt auch die schöne Wendung zum Schluss sehr gut.
Weniger gelungen ist jedoch die Szene mit dem Webserver, dieser Teil wirkt auf mich wie ein Fremdkörper und ist auch ziemlich wirr erzählt. Außerdem rückt die Explosion den Fokus von Mortimers eigentlicher Tat weg. Generell könnte man darüber diskutieren, ob die Straftat des Plagiierens mit dem Ende nicht dann doch wieder bagatellisiert wird, immerhin kommt Mortimer am Ende noch recht glimpflich davon. Keine rundum gelungene Geschichte also, aber trotzdem von gewohnter Casty-Qualität und mit den ebenso gewohnt souveränen Zeichnungen von Massimo De Vita.
Zuletzt aktualisiert: 19.05.2019, 18:49