Romano Scarpa
Wenn es darum geht, die lustigsten, schönsten, spannendsten und besten Comics der Historie des Lustigen Taschenbuches aufzuzählen, werden seine Werke immer und immer wieder genannt. Trotz seines Todes im Jahre 2005 ist Romano Scarpa mit etwa 450 Disney-Comics und über 50 Jahren zuverlässiger Arbeit nicht mehr aus Entenhausen wegzudenken.
Nun, es ist nicht leicht, ein Porträt über einen derart bedeutenden Zeichner wie Romano Scarpa zu schreiben. Es gibt so viel über ihn zu erzählen, dass man aufpassen muss, dass die Übersichtlichkeit nicht abhanden kommt. Wir haben den Text in zehn große Punkte geteilt, welche teilweise wiederum aus mehreren Unterpunkten bestehen. Falls nötig, gibt es dann noch eine Spezifizierung zwischen den Ducks und den Mäusen. Hier die gesamte Gliederung im Überblick:1. Lebenslauf
- 1.1 Scarpa in Fakten
- 1.2 Scarpa in Worten
2. Werkanalyse
- 2.1 Die Jahre 1953-1962
- 2.2 Die Jahre 1963-1967
- 2.4 Die Jahre 1973-1977
- 2.5 Die Jahre 1978-1994
- 2.6 Die Jahre 1995-2007
- 2.7 Zusammenfassung
3. Zusammenarbeit mit anderen Künstlern
- 3.1 Autoren
- 3.2 Inker und Co-Zeichner
- 3.3 Scarpas Einfluss
4. Charaktere
- 4.1 Verwendete Figuren
- 4.2 Erfundene Figuren
5. Veröffentlichungen in Deutschland
- 5.1 Lustiges Taschenbuch
- 5.2 Micky Maus Magazin und Mickyvision
- 5.3 100-Seiter
- 5.4 Die tollsten Geschichten von Donald Duck Sonderheft
- 5.5 Ehapa-Comic-Collection
- 5.6 Ausblick auf die Zukunft
- 5.7 Unveröffentlichtes
6. Beste Geschichten
7. Cover & Illustrationen
8. Non-Entenhausen
9. Sekundärliteratur & Links
10. Fazit
Eingangs muss noch gesagt werden, dass sich die Angaben im Porträt ausschließlich auf die Entenhausener Charaktere beziehen. Die Schneewittchen-Geschichten, die Scarpa zeichnete, wurden also nicht in die Daten und Statistiken miteinbezogen - dafür haben wir uns mit "8. Non-Entenhausen" mit ihnen beschäftigt.
In dem Text gibt es natürlich viele Verweise auf einzelne Geschichten Scarpas (erkennbar durch die kursive Schrift). In Klammern stehen die jeweiligen Storycodes sowie die deutsche(n) Publikation(en), in der/denen die Geschichte veröffentlicht wurde(n). Falls man weitere Informationen über bestimmte Geschichten bekommen möchte, muss man nur den Storycode hier in die Suche eingeben. Bei den Publikationen wurden reine Nachdruck-Reihen außen vorgelassen, "Mammut" oder "Jumbo-Comics" sind hier also zum Beispiel nicht aufgelistet.
Es kommt häufig vor, dass die LTB-Geschichten aufgrund der Neuauflagen zwei verschiedene Titel haben. Um den Lesefluss nicht zu stören, haben wir die Neuauflagen-Titel nur genannt, wenn sie sich wesentlich vom Originaltitel unterscheiden (bei "Micky und die Irokesenkette" bzw. "Die Irokesenkette" haben wir uns zum Beispiel die Arbeit erspart).
1. Lebenslauf
1.1 Scarpa in Fakten
Name: | Romano Scarpa |
Nationalität: | Italien |
Geburtsdatum: | 27. September 1927 in Venedig |
Todesdatum: | 23. April 2005 in Málaga |
Karriere: | 1953-1998: Mondadori bzw. Disney Italia 60er-80er: Disney-Studios 1998-2005: Egmont |
Anzahl an Comics*: | 445 als Zeichner, 133 als Autor |
Anzahl an Seiten*: | 14361 |
Seiten pro Comic: | durchschnittlich 32,3 |
*kann bei unterschiedlichen Zählungen abweichen
1.2 Scarpa in Worten
Romano Scarpa kam am 27. September 1927 in Venedig zur Welt. Schon in jungen Jahren zeigte er großes Interesse an den Comics und Zeichentrickfilmen aus dem Hause Disney. Bei den Comics faszinierten ihn vor allem die Strips von Floyd Gottfredson, die in dem seit 1932 erscheinenden Topolino publiziert wurden. Nicht zuletzt deshalb besuchte er die Kunstakademie Venedigs, wo er in Architektur und Malerei ausgebildet wurde - die Produktion von Trickfilmen und Comics brachte er sich selbst bei.
1947 bewarb sich Scarpa bei Mondadori, dem Verleger der italienischen Disney-Comics, erhielt jedoch von Chefredakteur Mario Gentilini eine Absage.
Stattdessen produzierte er in seinem 1945 gegründeten Animationsstudio in Venedig Zeichentrickfilme. Der erfolgreichste davon trägt den Namen "La piccola fiamiferaia", der auf dem Märchen "Das Mädchen mit dem Schwefelhölzern" von Hans Christian Andersen basiert. Da aber das Trickfilm-Geschäft nicht den gewünschten Profit brachte, stellte Scarpa ab 1953 zunächst keine Filme mehr her - im Laufe seiner Karriere griff er jedoch immer wieder auf seine alte Liebe zurück (siehe auch 8.).
Im selben Jahr hörte er von Giovan Battista Carpi, dass nun Zeichner für das Topolino gesucht werden und bewarb sich ein zweites Mal bei Mondadori. Diesmal zahlte sich die Reise nach Mailand aus: Gentilini stellte Scarpa ein und eine knapp 45-jährige Zusammenarbeit entwickelte sich.
Neben dem Topolino zeichnete Romano Scarpa außerdem immer mal wieder Geschichten für die Reihe "Almanacco Topolino", welche im vier-reihigen Layout angelegt waren. Auch die Vielzahl an S-Code-Geschichten, die Romano Scarpa ab Mitte der 60er bis in die 80er zeichnete, wurden in dieser Reihe erstveröffentlicht. Obwohl diese Comics von den Disney Studios in Auftrag gegeben wurden, erschienen die S-Code-Geschichten meist nicht in den USA, sondern wurden nur für den ausländischen Markt produziert.
1998 erschien mit Rudis rasende Reparaturen (I TL 2198-1; LTB 314) die letzte seiner rund 350 Geschichten für das Topolino.
Nach einer Geschichten für den französischen Markt (Das größte Geschenk; F JM 98235; MM 52/01), wurde Scarpa Ende der 90er-Jahre bei Egmont eingestellt, wo er dann nochmals einige vier-reihige Geschichten illustrierte.
Am 23. April 2005 verstarb die Legende Romano Scarpa im Alter von 77 Jahren in Málaga. Insgesamt hat er rund 450 Comics und 14400 Seiten aus Entenhausen gezeichnet. In seiner Schaffenszeit - über ein halbes Jahrhundert lang - fertigte er pro Jahr durchschnittlich etwa 280 Seiten an.
2. Werkanalyse
Dieser Bereich stellt den umfangreichsten Teil des Porträts dar. Scarpas Schaffen soll hier ausführlich begutachtet werden, indem wir seine ganze Karriere als Disney-Comic-Zeichner von 1953 bis 2007 durchlaufen. Diese 55 Jahre haben wir in verschiedene Stilepochen unterteilt und beleuchten jeweils auch die Erzählweise in den Comics.
An derselben Aufgabe hat sich übrigens auch Disney-Experte Frank Stajano versucht, wie man hier sieht. In einigen Punkten sind unserer Ergebnisse identisch, in anderen jedoch auch sehr unterschiedlich. Scarpas Zeichenstil war ganz einfach ständig in Bewegung und hat sich selbstverständlich nie von heute auf morgen geändert. Deshalb ist diese Einteilung in Phasen auch ein Stück weit subjektiv.
2.1 Die Jahre 1953-1962
Im Allgemeinen muss man zu den Anfängen Scarpas bei Mondadori sagen, dass diese erste Phase als der Höhepunkt in seinem Schaffen gilt. Die bedeutendsten und prägnantesten Werke des Maestros - und somit vielleicht auch der gesamten italienischen Comic-Produktion - sind in diesem Zeitraum erschienen. Werke, die von Fans in Aufzählungen der besten Disney-Comics immer wieder auftauchen. Deshalb haben wir uns besonders intensiv mit dieser klassischen Periode von Scarpa auseinandergesetzt.
In den Jahren 1953-1955 erscheinen zunächst einmal fünf Geschichten, die nicht von Scarpa selbst, sondern von Guido Martina geschrieben wurden. Der erste Comic von Scarpa aus Entenhausen ist I AO 53050-A - eine in Deutschland unveröffentlichte Weihnachts-Geschichte, in denen Ducks und Mäuse gemeinsam auftreten.
a) Mäuse
Dies führt uns dann zu der frühsten Scarpa-Geschichte, die auf Deutsch erhältlich ist: Das doppelte Geheimnis des schwarzen Phantoms (I TL 116-AP; LTB 62, FAZ 16, HOF 11). Dieser Comic, ebenfalls noch von Guido Martina getextet, wird von einigen Fans als eine der besten Krimis überhaupt aus dem Hause Disney betrachtet.
Atmosphärisch: Die geklaute Klaue von Kali (I TL 183-AP; LTB 76, MMP 24)
Die meisten dieser Werke sind um die 60 Seiten lang und erzählen typische Kriminalfälle von Micky. Durch den komplizierten Handlungsverlauf sind diese Klassiker auf hohem Niveau. Vor allem das Wort "mysteriös" spielt dabei eine große Rolle, denn am Anfang der Handlung geschehen oft solch mysteriöse Dinge, die weder Micky, noch der Leser verstehen. Dass aber ernstere und spannende Geschichten auch sehr lustig sein können, bewies Scarpa eindrucksvoll, indem er einen "trashigen" Humor am Rande einbrachte (siehe unsere dritte Beispielseite). Die Handlungen zeichnen sich in dieser Zeit vor allem durch das Auftreten von Atömchen aus, aber auch Gamma und Goofy waren in dieser Zeit Mickys Partner bei den Kriminalfällen. Als Gegner wählte Scarpa häufig Kater Karlo aus, der ab 1960 von seiner Freundin Trudi unterstützt wurde.
Scarpas Zeichnungen sind in seinen ersten Jahren noch Gottfredson-orientiert, sind aber dennoch leicht von dem Amerikaner zu unterscheiden. Das wohl beste Erkennungszeichen an der klassischen Phase ist die große Nase Mickys, die aber im Laufe der Jahre schrumpfte. Scarpa zeichnete schon in seinen ersten Geschichten Micky stets mit seinen zwei Haaren auf dem Kopf.
Ab 1962 begann sich dann schon Scarpas Zeichenstil zu verändern, jedoch zählen wir die vier Maus-Geschichten in diesem Jahr - von denen es nur "Der schwarze Komet" (I TL 339-A; LTB 98) nach Deutschland schaffte - trotzdem noch zur klassischen Phase.
Beispielseiten:
- Das doppelte Geheimnis des Schwarzen Phantoms (I TL 116-AP; LTB 62, FAZ 16, HOF 11; 1955)
- Riskanter Einsatz (I TL 167-A; LTB 303, SE 2, HH 4; 1957)
- Micky und die vierte Dimension (I TL 206-AP; LTB 76, MMJB 2; 1959)
- Micky als Kaiser von Quacktanien (I TL 274-AP; LTB 11; 1961)
Zuletzt aktualisiert: 19.07.2011, 16:19